Bereits im Sommer 2020 interviewten wir Joachim Fiedler, Chef von Fidlock, in der damals ganz neuen Unternehmenszentrale in der Kirchhorster Straße 39 in Hannover Lahe. Im April dieses Jahres lauschten wir dann den Fidlock-Talks. Jetzt haben wir uns erneut getroffen – den Umständen entsprechend online – und festgestellt: Fidlock ist ziemlich gut durch die Krise gekommen. Viel mehr noch, das Unternehmen verzeichnet ein rasantes Wachstum. Wir wollten wissen, wie sie das geschafft haben, warum Gucchi und Luis Vuitton bald Fidlock-Verschlüsse verwenden und was Superhelden mit der ganzen Geschichte zu tun haben.
Fidlock stellt spezielle Magnetverschlüsse her, die das Öffnen und Schließen von Rucksäcken, Schuhen, Helmen oder Koffern praktisch und einfach machen. Mittlerweile bietet das Unternehmen viele unterschiedliche Verschlussarten und -Systeme an. Wir von Eins A unterstützen Fidlock seit einiger Zeit bei der lokalen und regionalen Pressearbeit.
Herr Fiedler, wie sind Sie, Ihre Mitarbeiter und Ihr Unternehmen durch Corona gekommen?
JF: Wir hatten ein rasantes Wachstum selbst in Krisenzeiten. Das Wachstum des Fahrradmarktes beflügelt auch Fidlock. Wir haben im letzten Jahr in der Coronazeit 15 Mitarbeiter eingestellt und sind jetzt bei insgesamt 82 Mitarbeitern angekommen. Die Zusammenarbeit mit einem italienischen Zulieferer für die Luxusbranche eröffnet uns eine völlig neue Branche. Außerdem haben wir einen eigenen Schuh entwickelt und unser Büro in China läuft gut, wir haben den ersten Patentprozess gewonnen.
Fangen wir mit dem italienischen Unternehmen an, was steckt dahinter?
JF: Wir haben einen exklusiven Vertrag für Verschlüsse in der Luxus-Modebranche mit 2M Decori abgeschlossen. Das Unternehmen produziert für Luis Vuitton, Gucchi und andere Unternehmen aus der Luxusbranche und existiert seit über 50 Jahren. Die waren von unseren Verschlüssen so begeistert, dass die einen Katalog mit sieben Produkten aus dem Boden stampften, bevor klar ist, ob sie damit Geld verdienen werden. 2M baut unsere Verschlüsse nach – in hochglanzpoliertem Metall. Lizenzen und Patente sind somit eine Grundlage für den Erfolg von Fidlock.
Wie fing das mit den Patenten denn an?
JF: Meine ersten Erfindungen bei Verschlüssen machten mir klar, dass ich etwas entdeckt hatte, das es vorher nicht gab. Mir war klar, dass ich mich vor Nachahmern schützen wollte. Mein erster Verschluss war übrigens wirklich für mein eigenes Cello. Ich habe nach dem Abitur Cello studiert und zeitweise bei den Berliner Philharmonikern gespielt. Und mich hat immer diese lästige Cellobogen-Halterung genervt. Also habe ich eine magnetische erfunden.
Am Anfang habe ich die ersten Patente für meine Erfindungen selbst geschrieben (heute habe ich einen, der die Patente besser kennt als ich). Sie sind nicht nur dazu da, um sich Rechte zu sichern. Sie zwingen einen auch dazu, sich intensiv mit der Materie zu beschäftigen. Jetzt haben wir eine außergewöhnlich große Entwicklungsabteilung, in der meine Mitarbeiter Patente entwickeln. Die DNA ist übergegangen.
Sie sprachen anfangs von einem gewonnenen Patentprozess in China. Wieso eigentlich China?
JF: Das liegt daran, dass dort unsere Hauptabnehmer sitzen. Selbst wenn wir es hier zum gleich Preis produzieren könnten, würden wir es logistisch nicht schaffen, die Produkte dort schnell genug hinzutransportieren. Neben China ist auch Amerika ein großer Markt für uns, insgesamt haben wir Vertriebspartner in 36 Ländern.
Für 2021 haben wir eine Million Euro für Patentstreitigkeiten reserviert, drei chinesische Kanzleien beschäftigen sich derzeit mit knapp hundert Fällen von Patentverletzungen. Die Produkte werden bis ins Detail kopiert. Wir gehen derzeit auch gegen zwei sehr große Sportkonzerne in China vor – wir scheuen uns also nicht vor den Großen.
Zurück nach Deutschland. Sie sprachen anfangs von einem Fidlock-Schuh.
JF: Wir entwickeln uns ja von einem B2B (business-to-business) zum B2C (business-to-consumer)-Produzenten. Fahrradflaschen und -taschen, Handyhalterungen, Dry Bags. Jetzt haben wir einen eigenen Sneaker entwickelt. Noch nicht für den öffentlichen Verkauf, sondern zunächst 300 Paare für Mitarbeiter, Händler und Kunden. Wir sind ja zu Schuhen gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde, unsere Schnallen waren eigentlich nie für Schuhe gedacht. Aber heute gibt es im Erfinderteam eine Gruppe, die sich nur um Verschlüsse für Schuhe kümmert. Nike und Ecco beispielsweise nutzen Fidlock-Verschlüsse, weil damit ein Schnüren nicht mehr nötig ist.
Und sie sehen gut aus, sind Design-Elemente. Fidlock macht nicht nur sehr nützliche Technik, Fidlock ist auch designmäßig unverkennbar. Unsere Verschlüsse werden gerne an Kostümen von Science-Fiction-Filmen verwendet, einfach, weil sie so spacig aussehen. Deadpool, der Superheld aus dem Marvel-Universum, trägt beispielsweise Fidlock-Verschlüsse.
Fidlock ist ja erst Anfang 2020 in den neuen Standort eingezogen, reicht denn der Platz noch?
JF: Wir waren hier kaum drei Monate, da wurde es schon zu eng. Wir nutzten ja hier die Tiefgarage als Lager, das sind 300 Quadratmeter, jetzt haben wir im neuen Standort in Laatzen 1.200 Quadratmeter Hochregallager angemietet. Im Moment prüfen wir gerade, ob wir weitere Flächen kaufen oder selber bauen.
Was sind das denn für Arbeitsplätze dazugekommen? Lohnt es, sich zu bewerben?
JF: Der Wandel hin zu einem B2C-Products-Unternehmen macht es nötig, vor allem unsere Logistikabteilung zu vergrößern. Wir brauchen jetzt Mitarbeiter für Logistik und Konfektionierung, aber wachsen auch in allen anderen Bereichen kontinuierlich. Ja, Bewerbungen sind erwünscht, aber Spaß an Magnetverschlüssen muss jeder Bewerber schon mitbringen.
Das Interview wurde von Thorsten Windus-Dörr geführt.
Hier geht es zu unserem Bericht über die Fidlock-Talks.
Hier geht es zu dem ersten Interview mit Joachim Fiedler im Sommer 2020.