
(Lesezeit: 8 Minuten) Jedes Jahr am 1. Mai feiern wir den „Tag der Arbeit“, 2025 fällt er auf einen Donnerstag. Schön, nimmt man sich den Freitag noch frei und hat ein langes Wochenende. Wars das?
In der heutigen Zeit scheint der Tag der Arbeit viel von seiner ursprünglichen Bedeutung verloren zu haben. Nicht viele Menschen wissen über die Hintergründe Bescheid und sehen ihn eher als willkommenen arbeitsfreien Tag an. Doch was hat es mit diesem Feiertag auf sich? Wie kam es eigentlich dazu, dass wir jährlich wiederkehrend den 1. Mai als „Tag der Arbeit“ begehen? Wofür steht er?
Dieser Tag ist in Deutschland gesetzlicher Feiertag, die Menschen gehen auf die Straße um für die Rechte von Arbeitern und Arbeiterinnen einzutreten. Gewerkschaften rufen jährlich zu Kundgebungen auf.
Die Arbeitsbedingungen, die wir heute für selbstverständlich halten, sind nicht so selbstverständlich, sondern mussten hart erkämpft werden. Dazu zählen ein 8-Stunden-Arbeitstag, Arbeitnehmerrechte, Urlaub sowie dazugehöriges Urlaubsgeld, angemessener Lohn für verrichtete Arbeit und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Vor über hundert Jahren sind die Menschen dafür auf die Straßen gegangen und haben für diese Rechte gekämpft.
Ende des 19. Jahrhunderts arbeiteten die Menschen in den Fabriken der USA unter sehr schlechten Bedingungen. Körperliche Schwerstarbeit und eine dauerhafte Gefährdung der Gesundheit standen an der Tagesordnung. Sie hatten kaum Rechte und arbeiteten meist 10 oder mehr Stunden am Tag unter schwersten Bedingungen für einen sehr geringen Lohn und ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen, auch im Krankheitsfall. Denn eine „Lohnfortzahlung“, wie wir sie heute kennen, gab es damals nicht, ebenso wenig wie Urlaub und Urlaubsgeld. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, kürzeren Arbeitstagen und höheren Löhnen laut wurden. So kam es, dass am 1. Mai 1886 die Handels- und Arbeitergewerkschaften in den USA zu einem mehrtägigen Generalstreik aufriefen, an dem sich mehr als 340.000 Arbeiter beteiligten, indem sie ihre Arbeit niederlegten und auf der Straße demonstrierten. Mit mehr als 90.000 Menschen fand der größte Streik in Chicago statt, bei dem es nach wenigen Tagen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei kam, bei denen viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Der Maifeiertag soll an den großen Protest in Chicago erinnern. Unter dem Begriff „Haymarket Rio“ geht das Ereignis von Chicago in die Geschichtsbücher ein und wirft bis heute seinen Schatten auf die Arbeiterbewegung.
Dass der Tag der Arbeit auf den 1. Mai fällt ist kein reiner Zufall. Traditionell liefen in den USA genau an diesem Tag die alten Arbeitsverträge aus und Neue wurden geschlossen. Verbunden war dies meist mit einem Arbeitsplatz- und Wohnortwechsel. Die Forderung aus dem mehrtägigen Generalstreik, der 8-Stunden-Arbeitstag, sollte gleich in die neu geschlossenen Verträge mitaufgenommen werden. In den USA wurde dieser Tag traditionell als „Moving Day“ bezeichnet.
Geschichtliche Entwicklung des Maifeiertages
1889 – internationaler Arbeiterkongress in Paris setzte den Beschluss eines weltweiten Streiks der Arbeiter am 1. Mai 1890 fest, das Datum soll an den Protest vom 1.Mai 1886 in den USA erinnern
Ab 1890 – erster „Tag der Arbeit“ am 1. Mai 1890 unter dem Motto „Kampftag der Arbeiterschaft“, in Deutschland kam es zu Streiks, Demonstrationen und sogenannten Maispaziergängen, rund 100.000 Arbeiter und Arbeiterinnen beteiligten sich an den Aktionen
Weimarer Republik 1919 – erstmalige Reduzierung der Arbeitszeit auf acht Stunden pro Tag (eingeführt vom Rat der Volksbeauftragten bestehend aus SPD und USPD), der 1. Mai wird auf den Beschluss der Weimarer Nationalversammlung einmalig zum deutschlandweiten gesetzlichen Feiertag erklärt. Unstimmigkeiten, wie der Tag begangen werden sollte, führten jedoch dazu, dass der Tag nach diesem Jahr nur in wenigen Ländern, darunter Braunschweig, Lübeck und Sachsen, beibehalten wurde.
1924 –Verbot von Demonstrationen unter freiem Himmel
Blutmai 1929 – Konflikte zwischen der SPD und KPD führten zu schweren Unruhen und gewaltsamen Ausschreitungen zwischen KPD-Demonstranten und der Polizei, bei denen auch zahlreiche Zivilisten ihr Leben lassen mussten, in diesem Jahr steht der 1. Mai symbolisch für die tiefe Zerrissenheit der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik
1933/34 – als „Tag der nationalen Arbeit“ gilt der 1. Mai als staatlich verordneter Feiertag, den die Nationalsozialisten zu eigenen Propagandazwecken genutzt haben, um unter anderem die Gewerkschaften zu entmachten und die Arbeiterbewegung für sich einzunehmen, so gab es an diesem Tag organisierte Aufmärsche und Paraden. Umbenennung des 01. Mai 1934 zum „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“
1946 – der 1. Mai wurde im April 1946 vom Alliierten Kontrollrat offiziell als Feiertag bestätigt, Maikundgebungen konnten jedoch nur eingeschränkt stattfinden
In den folgenden Jahren entwickelten sich die Feierlichkeiten zum 1. Mai in der DDR und BRD sehr unterschiedlich.
DDR: als „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ wurde der 1. Mai staatlich organisiert und mit militärischen Paraden inszeniert, an denen alle Bürger teilzunehmen hatten
BRD: im Westen hingegen nutzten die Gewerkschaften den Tag für politische Kundgebungen, die sie mit kulturellen Veranstaltungen kombinierten
Ab 1980 – neben organisierten Demonstrationen mit gewerkschaftlichem und/oder politischem Hintergrund, kam es gerade in Großstädten, wie Hamburg und Berlin, immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen autonomen Gruppierungen und der Polizei
Seit 2001 – gibt es jedes Jahr traditionelle Feierlichkeiten und Demonstrationen, zusätzlich dazu wurde 2001 der internationale EuroMayDay eingeführt
Doch der 1. Mai hat noch viel mehr zu bieten als nur Krawalle und Proteste. Vielerorts wird der 1. Mai auch mit traditionellen Bräuchen begangen und gilt als Tag der traditionellen Frühlingsfeiern. Kaum ein Monat wird mit so vielen regional unterschiedlichen Traditionen gefeiert wie der Monat Mai. Zu den bekanntesten Bräuchen zählen unter anderem das Aufstellen des Maibaums, der Tanz in den Mai und viele weitere. Doch trotz allem sollten wir die eigentliche Bedeutung dieses Feiertages nicht vernachlässigen. Ein Tag zum Gedenken an die Menschen, die ihr Leben für bessere Arbeitsbedingungen aufs Spiel gesetzt haben und deren Mut bewies, dass es sich lohnt für seine Rechte zu kämpfen.
Michelle Drescher