Heute Abend, 21:15, beginnt das Dschungelcamp. Was unsere damalige Mitarbeiterin Anne Keppler dazu vor zwei Jahren schrieb, das gilt immer noch.
Heute gehen wir einem Mysterium auf den Grund, das auch unsere Agentur teilweise befallen hat: Wieso locken Trash TV-Formate wie der Bachelor, das Dschungelcamp oder Germany’s next Topmodel Jahr für Jahr so viele Menschen vor die Glotze – uns eingeschlossen?
Ich selbst bin leidenschaftliche Verfechterin des simpel gestrickten Unterhaltungsprogramms und habe lange versucht, zu verstehen, wieso ich darauf so anspringe. Ich habe Abitur und Bachelor in der Tasche und könnte geistig durchaus auch politischen Satireshows folgen. Ich bin inzwischen zu der Erkenntnis gekommen, dass genau da vermutlich die Wahrheit begraben liegt. Seit jungen Jahren habe ich meine Tage von morgens bis abends mit Lesen, Lernen und Texten verbracht – Abitur und Studium nahmen den Großteil meines Lebens ein. Auch auf der Arbeit beschäftige ich mich überwiegend mit Buchstaben – nicht nur bei den Projekten, in unserem Job ist Allgemeinbildung sehr wichtig, weshalb regelmäßige Zeitungslektüre einfach dazu gehört. Vor allem die Nachrichten in jüngster Zeit hinterlassen dabei nicht unbedingt ein leichtes Gemüt. Genau deshalb brauche ich wahrscheinlich abends leichte Unterhaltung, die dahin plätschert. Lesen und komplizierte Filme oder Dokus erscheinen mir nach langen Tagen wie harte Arbeit. Soviel also zu Grund 1.
Grund 2 sind wir beim gemeinsamen Philosophieren heute Morgen auch schnell auf die Spur gekommen: kollektives Lästern lässt die Zeit wie im Fluge vergehen. Deshalb laufen die wichtigsten drei Formate des Trash TV wohl auch im Januar und Februar: der Bachelor, das Dschungelcamp und Germany’s next Topmodel? Da ist es um 17 Uhr draußen dunkel, nass und kalt, wer will da noch vor die Tür? Richtig, KEINER! Was gibt es da schöneres, als sich bewaffnet mit der besten Freundin/ dem besten Kumpel und einer großen Tüte Chips auf dem heimischen Sofa zu fläzen und gemeinsam aus vollem Herzen über Zickenkrieg, Machosprüche und verbale Ausraster auf der Mattscheibe abzulästern? Erst gestern dachte ich auf dem Weg zu meinen Mädels, dass auffällig viele junge Frauen um kurz vor 8 mit Sektflaschen in der Hand unterwegs sind – wie ich. Was die angesichts des Staffelstartes vom Bachelor wohl vorhatten? Rudel-Gucken hat sich anscheinend etabliert! 😉
Jetzt wissen wir also schon einmal, warum wir uns in den tristen Wintermonaten gerne der leichten Unterhaltung verschreiben. Fehlt nur noch ein wichtiger Punkt, der vielleicht diejenigen unter Ihnen anspricht, die nur über ihre Leiche freiwillig das Dschungelcamp schauen würden: Es ist wichtig, über den Dingen zu stehen! Sobald man anfängt, auch nur eine winzige Äußerung oder Tat der Protagonisten in solchen Formaten ernst zu nehmen, ist der Spaß vorbei. Ein Beispiel: Wir Trash TV-Liebhaber aus der Agentur machen uns gerne einen Spaß daraus, aus psychologischer Sicht an das Ganze heranzugehen. Wer steht am ehesten vor dem nächsten Lagerkoller? Wie wird sich der Streit zwischen Zicke 1 und Zicke 2 weiter entwickeln? Wer wird am Ende die Oberhand haben? Wieso schickte der gemeine Zuschauer Kandidatin xyz im vergangenen Jahr rekordverdächtig oft in die Dschungelprüfung, obwohl sie dort zu nix zu gebrauchen war? Die Beweggründe von Zuschauern und Protagonisten im Nachhinein zu erläutern, macht beinahe genauso viel Spaß, wie das kollektive Lästern während der Show.
Die, die selbst Verfechter des Trash TV sind, werden verstehen, was wir meinen. Die, die nur abfällig mit dem Kopf schütteln können angesichts so viel angesammelter Dummheit auf der Mattscheibe, verstehen vielleicht zumindest unsere Beweggründe, uns das „anzutun“.
Heute geht’s übrigens los im australischen Dschungel, also: einfach mal ausprobieren und um 21.15 Uhr die Glotze anschalten!
Anne Keppler