Hat es geschneit, damals zu Bethlehem? Stand ein Tannenbaum in dem Stall? War es der Weihnachtsmann, der von einem Schlitten herab sprach: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude?“
Wir wissen es nicht wirklich. Wir wissen aber mittlerweile einige andere Dinge rund um das, was landläufig so Weihnachten genannt wird; auch wenn die Forschung britischer Wissenschaftler hier noch lange nicht abgeschlossen ist.
Vom Christkind zum Adventskranz
Schon Luther soll zu seinen Zeiten vom profanen Nikolauskult genervt gewesen sein. Er versuchte das gabenbringende Christkind für die Protestanten einzuführen. Vergeblich; das Christkind hatte eher bei den Katholiken Erfolg. 1832 schrieb ein leider unbekannter amerikanischer Autor das Gedicht „The Night Before Christmas“. Darin wird der Schlitten eines gewissen St. Nick von Rentieren mit Namen wie Comet, Cupid, Dunder und Blixer gezogen. Wann und wie dieser Schlitten das Fliegen lernte ist noch nicht genau erforscht. Bereits wenige Jahre später, 1832, stellte ein amerikanischer Professor hessischer Herkunft den ersten urkundlich belegten Weihnachtsbaum auf.
Schon acht Jahre später, 1839, wurde der Adventskranz von dem evangelisch-lutherischen Theologen Johann Hinrich Wichern im evangelischen Norddeutschland eingeführt. Damit wollte er Straßenkindern des beginnenden Industriezeitalters die Zeit bis Weihnachten verkürzen. Knapp hundert Jahre später fand man den Adventskranz dann auch in katholischen Gegenden.
Rauschebart und Sack: der Weihnachtsmann
1931 begann schließlich der endgültige Aufstieg des Weihnachtsmannes, wie wir ihn heute kennen: Mit roter Kutte, weißem Rauschebart und Sack auf dem Rücken. Er war Werbeikone von Coca Cola. Und 1939 ergänzte dann ein weiteres Gedicht die Rentierherde um einen rotnasigen Rudolph. Die Truppe war vollständig.
Aber wir sollten nicht glauben, dass dies alles ist. Es gibt noch jede Menge, teilweise ungewöhnliche Weihnachtsbräuche.
Europa
Klausjagen in Küssnacht
In Küssnacht, einem Dorf in der Zentralschweiz, vertreiben am 5. Dezember rund 1500 Teilnehmer böse Dämonen und Geister mit lautem Gejohle, Glocken und Blashörnern. Gekleidet sind die Klausjäger in alten Gewändern und Bischofshüten. Ursprung ist ein heidnischer Brauch: Schon die alten Germanen vertrieben zur Wintersonnenwende mit solchen Umzügen den Winter und das Böse und das, um im nächsten Jahr eine gute Ernte zu bekommen.
Kobold statt Christkind
In Norwegen herrscht der Mythos, ein kleiner Kobold namens Julenisse bringe die Geschenke, außerdem wache er über Haus und Hof. Am Weihnachtsabend ist es Brauch, zuerst dem Kobold gezuckerten Haferbrei hinzustellen, bevor man selbst das Weihnachtsmahl beginnt.
Rollentausch
In Irland werden am zweiten Weihnachtsfeiertag traditionelle Märchen aufgeführt. Ungewöhnlich ist dabei, dass Männer von Frauen und Frauen von Männern gespielt werden.
Die spinnen die Briten
Die Inselbewohner Großbritanniens haben nicht nur einen, sondern eine ganze Reihe ungewöhnlicher Weihnachtsbräuche.
Im Londoner Hyde Park wird am ersten Weihnachtsfeiertag das Peter Pan Cup Swimming Race ausgetragen. Die Teilnehmer schwimmen für karitative Zwecke, nur in Badekleidung und Weihnachtsmütze gekleidet, durch einen rund 100 Meter langen künstlichen See in der königlichen Grünanlage.
In Sussex findet am zweiten Weihnachtsfeiertag das Pram Race statt. Rund fünf Kilometer müssen die Teilnehmer in Zweierteams zurücklegen. Die einen sitzen als Babys verkleidet in bunten Kinderwägen und die anderen müssen sie schieben. Hinzu kommt, dass sie in jedem der drei Pubs, die auf der Strecke liegen ein Bier trinken müssen.
Ebensfalls am zweiten Weihnachtsfeiertag findet in Hertfordshire das Bakers and Sweeps Floor and Shoot Football Massacre statt: Ein Fußballspiel ohne Regeln. Die Torpfosten sind beweglich und die Torhüter tragen Augenbinden. Dabei werden die Teilnehmer regelmäßig mit Mehl oder Staub überschüttet und müssen Bier trinken.
Lustig anzusehen ist auch das Mud Race am 28. Dezember in Essex. Die Teilnehmer kämpfen sich auf einer Strecke von rund 400 Metern durch knietiefen Matsch und einen Fluss.
Geschenke-Scheißer
Der unserer Meinung nach ungewöhnlichste Brauch kommt aus Katalonien in Spanien. In der Vorweihnachtszeit füttern die spanischen Kinder einen Baumstamm. Der Baumstamm hat Gesicht, Gliedmaßen und Kleider und liegt zum Schutz vor Kälte unter einer Decke. Sobald der Weihnachtsabend gekommen ist, singen die Kinder für den Baumstamm und klopfen mit Stöcken auf ihm herum. Wenn sie anschließend die Decke wegziehen finden sie darunter Geschenke, die vom Tió de Nadal (Weihnachtsholzklotz) ausgeschieden wurden.
Ein Stuhl gegen Hexen
In Ungarn beginnt man am 13. Dezember mit dem Bau des Luca-Stuhls. Er besteht aus sieben verschiedenen Holzarten und muss exakt am 24. Dezember fertiggestellt sein. Bei der Christmette an Heiligabend stellen sich die Ungarn dann auf ihren Stuhl und schauen nach Hexen Ausschau. Sobald sie eine erblicken, rennen sie nach Hause, verbrennen den Stuhl und sind so das gesamte nächste Jahr vor Hexen sicher. Um der Hexe die Verfolgung zu erschweren, streuen die Ungarn Mohnsamen hinter sich her, die Hexen müssen zuerst die Samen aufsammeln, bevor sie die Verfolgung fortsetzen können.
13 Nikoläuse und Behelfschristbäume
In Island ist in der Weihnachtszeit noch viel von der heidnischen Wikingerkultur zu spüren. Das Weihnachtsfest heißt „Jól“, ähnlich wie in den skandinavischen Ländern, und ähnelt den heidnischen Sonnenwendfesten, die gefeiert wurden bevor Island weitgehend christlich wurde. Außerdem besuchen gleich dreizehn Nikoläuse die isländischen Kinder. Sie heißen „Jólasveinar“ und sind Nachkommen der sagenhaften Riesen Grýla und Leppalúdi, die früher in der Winterzeit Jagd auf unartige Kinder machten. Bedingt durch die Rodung der alten isländischen Wälder durch die ersten Siedler unterscheidet sich der isländische Weihnachtsbaum vom europäischen. Der sogenannte Jól-Baum ist ein aus Holzresten selbst zusammengeflickter Baum, den die Isländer aus Mangel an echten Bäumen zu Weihnachten aufstellen.
Alter Finne
In Finnland ist man überzeugt davon: Der Weihnachtsmann (Joulupukki) wohnt in Rowaniemi am Fuße des Berges Korvatunumie, jedenfalls wenn er nicht gerade unterwegs ist. Er hat sogar eine eigene Briefadresse: Joulupukki, Maakunta Katu 10, ss-96100 Rowaniemi und laut den Finnen ist sein offizielles Transportunternehmen die Fluggesellschaft FinAir.
Asien
Kommerz pur
Im überwiegend buddhistischen Japan hat das Weihnachtsfest rein vom Glauben her keine Grundlage. Doch viele Japaner finden Gefallen am gegenseitigen Beschenken und anderen westlichen Bräuchen, das merken auch die japanischen Geschäftsleute. Das boomende Weihnachtsgeschäft in Japan steht dem in überwiegend christlichen Ländern in nichts nach. So schmücken viele Geschäfte ihre Schaufenster in der Vorweihnachtszeit leuchtend bunt nach amerikanischem Vorbild. Viele Japaner essen Truthahn am Weihnachtsabend und Häuser werden geschmückt mit Tannenbäumen und Mistelzweigen. Sogar einen eigenen Weihnachtsmann haben die Japaner bereits etabliert. Er heißt Hoteiosho und ähnelt mit Vorgeschichte und Erscheinungsbild stark dem europäischen westlichen Weihnachtsmann. Allerdings mit dem Unterschied, dass er Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht in einer Person ist und mit seinen Augen im Hinterkopf besonders auf das Verhalten der Kinder achtet.
Palmen statt Christbaum, Zitronen statt Geschenken
In Mexiko, in der Stadt Oaxaca findet alljährlich das Radieschenfest am 23. Dezember statt. Gefeiert wird die Einführung der Gemüsesorte im 18. Jahrhundert durch die Spanier. Die Mexikaner schnitzen an diesem Tag aus den teilweise kartoffelgroßen Abkömmlingen des scharfen Gemüses die Figuren der Weihnachtsgeschichte. Die besten Radieschenschnitzereien werden prämiert, anschließend folgt als Höhepunkt des Festes ein Feuerwerk.
Nordamerika
Eine gesunde Mischung
In Kanada fließen die Weihnachtsbräuche der verschiedenen Einwanderer, Ureinwohner und der USA zusammen. Die Inuit beispielsweise feiern an Weihnachten Winterfestivals, bei denen getanzt und gesungen wird. In Labrador ist es üblich, ähnlich wie in den USA an Halloween, Rüben auszuhöhlen und mit kleinen Kerzen zu beleuchten. In Neuschottland pflegen die Bewohner die Bräuche ihrer schottischen Vorfahren: Dort werden in der Weihnachtszeit die gleichen Lieder gesungen wie vor 200 Jahren im schottischen Hochland. Die Niagarafälle in Ontario werden an Weihnachten von tausenden Lichtern bestrahlt und bieten einen einmaligen leuchtenden Anblick.In Mexiko, in der Stadt Oaxaca findet alljährlich das Radieschenfest am 23. Dezember statt. Gefeiert wird die Einführung der Gemüsesorte im 18. Jahrhundert durch die Spanier. Die Mexikaner schnitzen an diesem Tag aus den teilweise kartoffelgroßen Abkömmlingen des scharfen Gemüses die Figuren der Weihnachtsgeschichte. Die besten Radieschenschnitzereien werden prämiert, anschließend folgt als Höhepunkt des Festes ein Feuerwerk.
Asien: Zitronen und Dornen
Auch im mehrheitlich hinduistischen Indien feiert die christliche Minderheit Weihnachten. Anstelle des typischen Weihnachtsbaumes schmücken die Inder Palmen oder Mangobäume mit Lichterketten. Außerdem werden in manchen Städten Öllampen aus Ton auf den Häusern entzündet. Am Weihnachtsmorgen ist es üblich, dem Haushaltsoberhaupt eine Zitrone als Zeichen der Verehrung zu schenken. Manche Familien verbrennen an Weihnachten außerdem getrocknete Dornenhaufen. Wenn der Haufen komplett verbrennt, bedeutet das Glück für die gesamte Familie im nächsten Jahr.
Afrika: Hirtenstab als Hockeyschläger
Im überwiegend christlich orthodoxen Äthiopien findet am Weihnachtstag, dem 6. Januar das Genna-Spiel statt, das stark an das europäische Hockey erinnert. Der Legende nach begannen die Hirten nach der Geburt Jesu, vor Freude Genna zu spielen. Diese Tradition setzte sich bis heute fort.
Ozeanien: Bier statt Milch für Santa
In Australien ist zur Weihnachtszeit gerade Sommeranfang und die Australier haben daher eine andere Vorstellung von Weihnachten als die Europäer. Man stellt kühles Bier statt Milch für Santa Claus bereit. Anstelle des klassischen Weihnachtsbaums gibt es Palmen und der Weihnachtsmann verteilt seine Geschenke gerne auch mal am Strand.
Was wird aus Weihnachten?
Es ist noch das wichtigste Fest des Jahres. Obwohl dies für Christen übrigens eigentlich Ostern ist, aber wen interessiert das heute noch?
Nun, Lars Weisbrod hat in der Weihnachts-ZEIT-2019 skizziert, wie es weitergehen könnte: 1993 erscheint „The Nightmare Before Christmas“ von Tim Burton, ein „Gleichnis aus der Welt der amerikanischen Holy-Days“. Da findet man sich in der „Feiertagswelt“ wieder, durch eine Kürbistür kommen wir nach Halloweentown, dort ist Jack, das Skelett, der Chef. Nach vielen Irrungen und chaotischen Wendungen kommt Jack nach Christmastown und sucht dort den Geist der Weihnacht, er versucht ihn erfolglos aus Zuckerstangen zu destillieren und entführt schließlich den Weihnachtsmann.
Halloween hat ja bereits die Macht über den gleichzeitigen Reformationstag übernommen. Und vor lauter „Süßes oder Saures“ interessiert sich auch niemand mehr für Mattenmattenmeeren, St. Martin, zehn Tage später am 11. November. Halloween könnte daher bald auch Weihnachten übernehmen. Nochmal Lars Weisbrod: „Hier wird, was einst grausam und erschreckend war, aufgelöst in Unterhaltung und Vergnügen…“ Und letztlich sagte ja auch der Engel in der Heiligen Nacht „Fürchtet euch nicht!“
Nach Weihnachten geht es übrigens weiter
Nach Weihnachten ist es wieder Zeit für ein bisschen Glaskugel, Kaffeesatz und Runenwürfe: Die Rauhnächte beginnen in den meisten Gegenden mit der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Nach der Überlieferungen gibt es 12 Rauhnächte wobei jede Nacht für einen Monat des nächsten Jahres steht. Die letzte Rauhnacht beginnt am 05. Januar um 0:00 Uhr und endet um 24:00 Uhr. Am 6. Januar ist also alles vorbei.
Es ist eine magische Zeit voller Märchen und alten Überlieferungen. Man sagt Geister und Dämonen flögen um die Häuser. Andere warnen davor, in dieser Zeit größere Entscheidungen zu fällen. In den Rauhnächten sollen uns die geistigen Dinge und unsere Ahnen sehr nahe sein. Für die Rauhnächte gibt es viele Rituale, wie etwas früher das Räuchern der Wohnräume oder auch der Stallungen unserer Tiere. Am verbreitetsten ist vielleicht das Bleigießen in der Silvesternacht. Auch der Brauch der Sternsinger ist weit verbreitet.
Achja, und nicht zu vergessen, hier mein Beitrag zur Böllerdebatte: Wir knallen eigentlich zu Silvester, um die bösen Geister des vergangenen Jahres zu vertreiben. Und der Ausdruck „guten Rutsch“ geht wahrscheinlich auf die jiddische Redewendung „a git Rosch“ zurück. Was allerdings „einen guten Kopf“ bedeutet.
Thorsten Windus-Dörr